Agra


 
25.10.:
Traum oder Alptraum?
 
Agra – kaum ein anderer Ort prägt das Bild von Indien in Deutschland wie das Taj Mahal.
 
Leider ist die Luft in Agra ähnlich verpestet wie in Varanasi, der Verkehr absolut chaotisch. Um das Taj Mahal für die künftigen Generationen zu sichern, wurden alle Transferbusse zum Grabmal auf Elektromotor umgestellt, gleichzeitig verbrennt aber jemand seinen Kunststoffmüll 300 Meter entfernt vom Taj Mahal. Wie schon gesagt, in Indien gibt es nicht schwarz oder weiß, sondern nur Grautöne. Direkt neben etwas unbeschreiblich Schönem findet man auch etwas unbeschreiblich Scheußliches.
 
Die Stadt hat noch mehr zu bieten, etwa die Begräbnisstätten Itmad-ud-Daulah und die von Akbar dem Großen. Wir besuchen auch den Tempel Dayal Bagh, an dem die Radha-Swami-Sekte seit mehreren Jahrzehnten baut. Immer, wenn Geld da ist, geht es weiter.
 
Höhepunkt ist aber natürlich das Taj Mahal. Die Fotos, die man allenthalben sieht, werden immer freitags gemacht, wenn das Taj Mahal geschlossen ist. Dank Diwali ist derzeit aber Halligalli! 
 

 
Diwali ist ein Fest, das sich über fünf Tage erstreckt, ein Lichterfest, eigentlich ruhig und besinnlich wie auch unser Weihnachten, teilt es mit diesem die volle Kommerzialisierung. Für viele Hindus, besonders in Nordindien, geht es auf den Tag zurück, an dem Gott Rama mit seiner Frau Sita nach 14-jährigem Exil im Dschungel in seine Hauptstadt Ayodhya zurückkehrte, so wie es das Ramayana beschreibt. Da es dunkel war, entzündeten die Menschen Öllampen entlang seines Wegs.

 
Dank Diwali sind einige tausend Inder auf dem Gelände, hat aber was, zumal die Frauen ohne Ausnahme mit bunten Saris unterwegs sind – ein echter Blickfang!

Übrigens: Die Türme sind bewusst leicht schief gebaut, sie kippen nach außen weg. Das menschliche Auge lässt sich halt gerne vergackeiern. Nur so wirken die Türme absolut gerade! 

Die Atmosphäre ist unglaublich, vor allem, als langsam die Sonne untergeht…
 
 
Ähnlich wie Ludwig II hatte der Erbauer, Shah Jahan, das Problem, dass die Zeitgenossen der Meinung waren, bei ihm wären ein paar Schrauben locker, vor allem dessen Sohn Aurangzeb, der Shah Jahan mal eben in den Kerker des Roten Forts werfen ließ, mit Blick auf das Taj Mahal.
 
Zwei Stunden später: Während wir Abendbrot essen, ist direkt aus der Nachbarschaft laute Musik zu hören. Mehrere von uns schauen mal nach, was Sache ist. Ein Hindu feiert Junggesellenabschied und reitet durch die Straßen, begleitet von einer Musikkapelle, etlichen Freunden, vielen Kindern, Alkohol, Generatoren und unzähligen Lampen. Wir sind herzlich willkommen. Wie überall in Indien freut man sich, dass wir Interesse für eine solche kleine Feier zeigen. Als ein paar Kids darum bitten, dass ich ein paar Fotos von ihnen mache, gerät die Situation allerdings etwas aus den Fugen. Aufgekratzt wie sie sind, will jeder auf das Foto, einer schubst den anderen weg, fast in den Abwasserkanal hinein. Hier heißt es jetzt, dezent den Rückzug anzutreten, bevor die India Times eine Schlagzeile frei Haus geliefert bekommt.